Zementarbeiter wollten Stadt gründen

Im Jahr 1903 gründeten 20 Beschäftigte den »Verein Gemeinde Cementwerk in Leimen«. Durch die Wohnlage am Stadtrand fühlten sie sich von der Stadt Leimen benachteiligt und forderten die politische Unabhängigkeit.

Wohlfahrtseinrichtungen

Zu seinem 25-jährigen Dienstjubiläum stiftete Vorstand Friedrich Schott sechs Werkshäuser für verdiente Arbeiter.

Fernsehen führte zu Mitgliederschwund

1957 zählte die "Vereinsgemeinde" 196 Mitglieder, darunter 63 Sänger des Arbeitergesangvereins. Der damalige Vereinsvorstand beklagte bald, dass durch das aufkommende Fernsehen der Besuch der Chorproben leide.

Vereinsgemeinde Zementwerk Leimen

Der Sängerbund der Vereinsgemeinde des Zementwerks Leimen

Mit der Errichtung des Portland-Cement-Werks Heidelberg inmitten der Felder weitab des Leimener Stadtkerns entstanden ab 1896 zahlreiche Werkswohnungen. Mit der Zeit wuchs aus den Anwohnern des Zementwerks eine kleine „Gemeinde“ aus Arbeitern und Beamten, die durch ihre isolierte Lage vor der Stadt ihr Eigenleben führte.

Die Vereinsgemeinde und ihre „Gesangsabteilung“

Am 22. März 1903 trafen sich 20 Personen im Gasthaus „Zur Jägerlust“, um einen Verein mit Namen „Verein Gemeinde Cementwerk in Leimen“ zu gründen, mit dem Ziel, die politische Unabhängigkeit von Leimen zu erreichen. Nachdem dieser Versuch fehlgeschlagen war, suchte man nach anderen Betätigungsfeldern und gründete am 28. Juni 1903 eine Gesangsabteilung. In wenigen Monaten wuchs der Verein auf 150 Mitglieder an. Die Gesangsabteilung sollte die Feste durch ihren „Gesang verherrlichen und verschönern, sowie den Humor in der Gemeinde hoch halten“. Bald entwickelte sie sich zum eigentlichen Motor der Vereinsgemeinde. Auf zahlreichen Gesangswettbewerben errang sie ansehnliche Preise.

Operetten- und Theateraufführungen weichen nationalsozialistischem Liedgut

Zum 25-jährigen Jubiläum präsentierte sich die Gesangsabteilung der Vereinsgemeinde in bester Verfassung. Ihr musikalisches Repertoire umfasste neben Chorgesang auch Operetten- und Theateraufführungen. Schon Anfang des Jahres 1934 wurde der Sängerbund der Vereinsgemeinde Cementwerk Leimen in die N. S. Gemeinschaft „Kraft durch Freude“ integriert. Sowohl der langjährige Vorsitzende, wie auch der Dirigent mussten auf politischen Druck hin weichen. Pflichtchöre aus dem nationalsozialistischen Liedgut mussten eingeübt werden. Alle Vereinsveranstaltungen mussten dem Kreis-Propaganda-Amt der NSDAP gemeldet und die Programme der Kreisleitung vorgelegt werden. Nicht gemeldete Veranstaltungen wurden verboten. Nachdem die früheren Preissingen verboten und durch sogenannte Wertungssingen ersetzt worden waren, war auch die Motivation der Sänger ausgelöscht. In der Folge kam die Vereinstätigkeit praktisch völlig zum Erliegen. Mit Kriegsbeginn entfielen die Gesangsproben immer häufiger, bis schließlich der Verein ruhte.

Wiederbelebung des Vereins nach dem Zweiten Weltkrieg

Erst am 4. März 1949 startete der amtierende Vorstand einen Aufruf zur Wiederbelebung des Vereins. „30 Sänger haben sich sofort in den Dienst des deutschen Liedes gestellt“, lautete der vielversprechende Neuanfang. Innerhalb kurzer Zeit fand der Verein wieder zu seiner alten Stärke. Aus der großen Zahl der passiven Mitglieder der Vereinsgemeinde gründete sich am 18. April 1951 ein Kegelclub. Zum 50-jährigen Jubiläum erhielt der Verein neuen Zulauf. Bis zum Jahr 1957 zählte er den Höchststand von 196 Mitgliedern, davon 63 Sänger. Mit dem Bau einer eigenen Kegelbahn und der Gründung einer Werkskapelle sowie eines Schachclubs erweiterte sich das Tätigkeitsfeld der Vereinsgemeinde erheblich. Der Sängerbund erlebte in diesen Jahren seine Blütezeit und gewann zahlreiche Preise. Die 1960er und 1970er Jahre waren Jahre der Stagnation und Neuformierung. Bei sinkenden Mitglieder- und Sängerzahlen gelang es dennoch, anspruchsvolle Konzertabende in der Festhalle unter Beteiligung befreundeter Gesangsvereine und Orchester abzuhalten. Seit den 1980er Jahren traten, dem Zeitgeschmack entsprechend, immer häufiger gesellige Veranstaltungen in den Vordergrund. Zunehmend beteiligte sich der Verein an kulturellen Veranstaltungen in Leimen, ergriff aber auch selbst die Initiative in diesem Bereich.

Der Heidelberger Portländer. Beiträge zur Unternehmensgeschichte und Unternehmenskultur, H. 3

Von Gegengemeinde und Sängerbund
100 Jahre Sängerbund der Vereinsgemeinde Zementwerk Leimen 1903 e. V.

[hrsg.von der Heidelber Cement AG]
Dietmar Cramer – Heidelberg;
WDS Werbe- und Druckservice, 69117 Heidelberg, 2003-06-05
ISBN 3-9809032-0-6

©2003 HeidelbergerCement Aktiengesellschaft,
Berliner Straße 6, 69120 Heidelberg

Titelblatt

Festschrift mit dem Aufdruck "Von Gegengemeinde und Sängerbund"